Sun Wind and Water
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Wie eine schwedische Crew mit emissionsfreiem und gleichberechtigtem Segeln ihren Beitrag zu einer gerechteren Welt und den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN leistet. Ein Reisebericht.

Stellen Sie sich vor, zwei Monate durch skandinavische Gewässer zu segeln, ohne eine einzige Spur zu hinterlassen. Der Wind treibt Ihre Yacht von Stockholm aus über die Ostsee nach Gotland. Weil die Sommersonne nie vor 22 Uhr untergeht, können Sie Ihren solarbetriebenen Ofen den ganzen Tag lang nutzen. Sie gleiten an wunderschönen Küsten vorbei und verlassen diese genau so, wie Sie sie vorgefunden haben – ohne Abgase, Chemikalien oder Plastikmüll. Das war die Vision von ACT 2020, einer nachhaltigen Segeltour in Partnerschaft mit Torqeedo, die eine drei- bis siebenköpfige Crew über Nord- und Ostsee führte. Klingt gut, oder? Aber hat es auch funktioniert?

Die Reise begann eigentlich schon im Jahr 2017, als Björn Bertoft ein 10,5 Meter Smaragd SWE209 Segelboot erstand, die Johanna. Während er den Umbau und die Renovierung plante und sich dabei auch über neue Verbrennungsmotoren informierte, begann er, sich unwohl zu fühlen. „Eines Tages will ich dieses Boot meinen Kindern vermachen. Aber wie werden die Ozeane bis dahin aussehen?“, erzählt Björn am Telefon, während er gerade vor der schwedischen Westküste kreuzt. „Im 21. Jahrhundert fühlte es sich wie ein Rückschritt an, eine neue Dieselmaschine einzubauen.“ Im Netz entdeckte er den Torqeedo Cruise Pod Drive 10.0 und verliebte sich sofort in die Idee eines Elektromotors. „Ich segle seit 40 Jahren, und jetzt auf einmal elektrisch unterwegs zu sein fühlte sich traumhaft an.“ Während der laute, alte Verbrennungsmotor erst hochdrehen musste, um genügend Drehmoment zum Manövrieren zu liefern, spricht der Elektromotor schnell und leise an. „Es ist wie Magie. Das ist Freiheit, das ist Zuverlässigkeit, das ist Stille“, sagt Björn.

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Die rein weibliche Renncrew auf der Johanna während der „Gotland Runt Unplugged“-Regatta in diesem Sommer – sie erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 14,2 Knoten. Credit: Björn Bertoft

Im Jahr 2018 entschied sich Björn Bertoft, mit einem Segeltrip auf den Umwelt- und Klimaschutz aufmerksam zu machen – Torqeedo wurde Partner. Für ihn fühlte es sich falsch an, all die Schönheit der Natur zu „konsumieren“ und zukünftigen Generationen nichts davon zu hinterlassen. „Ich verurteile Menschen nicht, die sich über unsere Situation immer noch nicht im Klaren sind“, sagt er, „aber sobald man versteht, was wirklich passiert, muss man handeln.“ In diesem Jahr hat ACT 2020 die Idee noch ein paar Schritte weitergedacht und steht nun für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen ein. Von Juni an sollte eine rein weibliche Crew vier große Regatten rund um Skandinavien fahren, mit Stockholm als Startpunkt: die „Lidingö Runt“, die „Gotland Runt“, die „Tjörn Runt“ und die „Hovedøya Runt“. Denn Geschlechtergerechtigkeit – eines der Nachhaltigkeitsziele – ist laut Björn in der Segel-Community noch nicht erreicht. Die Idee, bei den Rennen mitzumachen, kam ursprünglich von Hanna Torlén, Siri Rembe und Hanna Marklund, die seit ihrer Kindheit segeln. Um bei allen Regatten teilnehmen zu können, wurde die Crew noch um Elin Carlsson, Inez Eriksson und Eva Grim erweitert.

Nach Gotland und zurück

Wegen Corona-Restriktionen wurden die meisten Rennen abgesagt, aber Torlén, Rembe und Marklund gelang es trotzdem, eines ihrer wichtigsten Ziele zu erreichen, und sie segelten außer Konkurrenz die Route der „Gotland Runt“, mit 300 Seemeilen eines der längsten skandinavischen Segelrennen überhaupt. Im Abschnitt zwischen Hoburgen und Sandhamn erreichte die Johanna eine Spitzengeschwindigkeit von 14,2 Knoten „mit zwei Reffs im Hauptsegel und ohne Sturmfock“, wie sich die Seglerinnen stolz erinnern. Die Besatzung nahm an fünf Regatten teil, die trotz Corona stattfanden, und plant bereits, die abgesagten Rennen im nächsten Jahr nachzuholen.

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Ernährungsspezialistin Guri Bigham (vorne) entwickelte ein Null-Abfall-Konzept für die Segeltour durch skandinavische Gewässer – die Crew aß Beeren und Kräuter, die sie an der Küste fand. Credit: Leyla Kerley

Den restlichen Sommer kreuzte Björn Bertoft auf der Ostsee zusammen mit Guri Bigham, einer 29-jährigen Food-Bloggerin und Expertin für nachhaltige Ernährung. Das Ziel: Eine Art des Segelns zu testen, die wirklich nachhaltig ist. Den elektrischen Torqeedo Cruise Pod Motor der Johanna benutzten sie, um lautlos zu Ankerplätzen an unberührten skandinavischen Küsten zu gelangen. Die zwei Power 24 V Lithium Batterien wurden hauptsächlich durch Solarpaneele und zwischendurch auch in Häfen geladen. Die Beschichtung des Boots enthält keine Giftstoffe und keine Mikropartikel, die andernfalls das Wasser verunreinigen könnten – ein Thema, das durch das farbenfrohe Rumpf-Dekor von Teammitglied Julia Maldonado betont wurde.

Während der gesamten Reise hielten sie sich an eine Abfallvermeidungsrichtlinie, die von Guri Bigham entwickelt worden war. Bigham stammt aus Hawaii und kennt die schädlichen Auswirkungen des Segelns deshalb aus erster Hand. Zahlreiche Segler lassen ihren Müll einfach auf den Inseln zurück. „Segeln ist so still und friedlich. Wir befinden uns auf diesem Boot und benutzen moderne Technologien, aber es fühlt sich trotzdem so an, als wären wir in die Natur eingetaucht“, so Guri.

Ein Leben ohne Abfall ist möglich

Als Erstes musste Guri herausfinden, wo sie an Bord all die Behälter verstauen konnte, die nötig sind, um Abfall zu vermeiden. „Wir haben die Abmessungen noch des kleinsten Abteils studiert“, erinnert sie sich. Außerdem nutzten die Segler einen portablen Solarofen, eine silbrige Röhre, die das Sonnenlicht reflektiert und sich so im Inneren auf bis zu 200 Grad erhitzt. Ein sogenannter Wonderbag, eine große, kissenförmige Konstruktion, diente als Gartopf. Guri konstruierte außerdem einen Kompostierer mit einem Zylinder für die Essensabfälle, um den rundherum Kräuter gepflanzt wurden. Sobald dieses System einmal fertig war, bestand die Herausforderung vor allem darin, verpackungslose Nahrungsmittel zu kaufen. „Ein Leben ohne Abfall ist definitiv schwieriger, wenn man unterwegs ist, weil man die Geschäfte nicht kennt“, erklärt Guri. Also benutzten sie das Online-Tool Bulkfinder, um Läden zu finden, die Lebensmittel ohne Verpackung anbieten, und besuchten außerdem zahlreiche Bauernhöfe auf ihrer Reise. „Direkt beim Erzeuger zu kaufen ist der beste Weg“, fügt Guri hinzu.

Als die Crew auf Gotland, einer Insel vor der schwedischen Ostküste, einen Stopp einlegte, besuchten sie einen kleinen Bauernhof und kauften einen riesigen Kohlkopf, ein paar Paprika und Lammfleisch. In dieser Nacht brieten sie das Lamm über offenem Feuer, gewürzt mit Wildkräutern, die sie auf der Insel gepflückt hatten. „Wir haben alles direkt auf den Felsen angerichtet, kein Mensch war in Sicht, es war ein Festmahl“, erinnert sich Guri. Am nächsten Morgen benutzten sie dieselbe Feuerstelle, um Pfannkuchen mit wilden Blaubeeren zuzubereiten, die sie ebenfalls auf der Insel gesammelt hatten.

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Die Natur genießen und so hinterlassen, wie man sie vorgefunden hat – Torqeedo Elektromotoren und andere nachhaltige Innovationen machen es möglich. Credit: Leyla Kerley

Es kam natürlich zuweilen vor, dass Guri und die Crew doch Kompromisse eingehen und Produkte in Plastikverpackung kaufen mussten. Aber auf dieser Reise lernten sie, dass es nicht darum geht, alles perfekt zu machen, sondern darum, seine Entscheidungen bewusst zu treffen. „Ich kann diesen Ansatz absolut jedem Segler und jedem Konsumenten empfehlen“, sagt sie. „Selbst wenn man nur auf Obst mit Plastikhülle verzichtet, macht man über die Zeit einen Unterschied.“ Am Ende der zweimonatigen Reise hatten sie genau eine Tüte mit Plastik im Gepäck.

Nun, da die ACT 2020 vorbei ist, plant Björn Bertoft bereits sein Projekt für das kommende Jahr. „Diese Tour hat wirklich gezeigt, dass wir so viel mehr tun können“, sagt er. Die Reise geht weiter.

Eine Küche, frei von Abfall und fossilen Brennstoffen

„Wir haben viel Reis und Quinoa mit Gemüse gegessen. Der Wonderbag eignet sich prima zum Kochen von Eintöpfen oder Currys. Das Frühstück bestand meistens aus Haferbrei und eingeweichten Haferflocken mit Trockenobst und Nüssen. Der Solarofen war perfekt, um darin Bananenbrot zu backen. Milchprodukte und Fleisch waren eine besondere Freude, weil man sie nur schwer ohne Verpackung bekommt. Unsere besten Mahlzeiten hatten wir deshalb direkt, nachdem wir bei einem Bauernhof waren.“

Guri Bigham

 


 

Mehr Information:

Hochauflösende Fotos finden Sie in der:   › Torqeedo Dropbox

Den Produktkatalog 2020 finden Sie hier: › Katalog 2020

Weiter Informationen über das ACT 2020 Projekt:   › www.100sunwindwater.com

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12 NOVEMBER 2020 • 5 MIN LESEZEIT
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