In diesem Sommer erleben wir einen aufregenden Moment in der Geschichte des Regattasegelns: Bei den Weltmeisterschaften 2023 wird erstmals ein emissionsfreies, wasserstoffbetriebenes Coach-Boot zum Einsatz kommen – ausgestattet mit einem Torqeedo Deep Blue Elektromotor.
Wagemutige Manöver, unglaubliche athletische Fähigkeiten und großartiges Teamwork machen die Segelweltmeisterschaften in Den Haag, Niederlande, zu einem Ereignis, auf das man sich freuen kann. Ein noch nie dagewesenes Kunststück ist garantiert: Zum ersten Mal wird der niederländische Watersportverbond ein emissionsfreies, wasserstoffbetriebenes Coach-Boot einsetzen. Bei einer Länge von sechs Metern erreicht das sogenannte H2C-Boot eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h – und fährt dabei nahezu geräuschlos und ohne Abgase. Entwickelt wurde es vom niederländischen Start-up H2 Marine Solutions, das aus einem Konsortium innovativer Unternehmen um den langjährigen Torqeedo-Partner De Stille Boot besteht und das mit der Technischen Universität Delft (TU Delft) zusammenarbeitet. Torqeedo unterstützte das Projekt von Anfang an, arbeitete am entscheidenden Energiemanagementsystem mit und lieferte den leistungsstarken Außenbordmotor Deep Blue 50 R sowie die Deep Blue Batterie 40 (Lithium-Ionen).
Die niederländischen Segler werden in Den Haag wahrscheinlich nicht alle Goldmedaillen gewinnen, aber das wird nicht daran liegen, dass ihre Segler ihre Trainer wegen eines lauten Verbrennungsmotors nicht hören können.
Die Wasserstoff-Brennstoffzelle als Reichweitenverlängerer
Seit Jahrzehnten haben sich Segler und Segelbegeisterte an die Anwesenheit unzähliger Festrumpfschlauchboote (RIBs) mit lauten, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Außenbordmotoren gewöhnt, die hinter den eleganten Yachten herfahren. Auch während der Weltmeisterschaft werden Hunderte Trainerboote auf dem Wasser sein, sagt Marcel Schaap, Gründer und Geschäftsführer des niederländischen Elektroboot-Pioniers De Stille Boot, „Allein das zeigt, welche Wirkung dieses Projekt haben könnte.“
Das H2C Boat markiert den Beginn einer neuen leisen und umweltfreundlichen Ära. „Beim Segeln ging es schon immer darum, mit der Natur, dem Wind und den Wellen eins zu sein“, sagt Fabian Bez, CEO von Torqeedo. „Wir wollen es Seglern ermöglichen, ihre Zeit auf dem Wasser dank Elektromotoren und sauberer Energie wirklich zu genießen.“ In den letzten Jahren hat Torqeedo große Fortschritte bei der Entwicklung größerer Batteriebänke, Hydrogeneratoren und Solarstromlösungen gemacht. „Aber wir haben das Potenzial von Wasserstoff und seiner hohen Energiedichte schon immer gesehen“, fügt Bez hinzu, „Wir freuen uns darauf, die Vorteile der Elektrifizierung auf größere und schnellere Boote zu übertragen, indem wir dieses Potenzial nutzen.“
Verbrennungs-Außenborder sind noch weniger reguliert und effizient als moderne Autos. Das zeigt: Indem die Segel-Community die Elektrifizierung vorantreibt, kann das Klima und die lokale Luftqualität geschützt werden. Grafik: ECG Report 2016
Die Idee für ein emissionsfreies Trainerboot kam Jaap Zielhuis, der die niederländischen Olympia-Segler trainiert, während der WM 2018 in Dänemark.
"Elektromotoren waren eine naheliegende Lösung, aber das anspruchsvolle Arbeitsprofil eines Trainerboots stellte eine Herausforderung dar.”
Cees van Bladel, Geschäftsführer von H2 Marine Solutions
Trainerboote sind oft in rauen Gewässern unterwegs, sowohl mit hohen als auch niedrigen Geschwindigkeiten. Manchmal müssen sie Segelyachten zurück in den Hafen schleppen, wenn der Wind nachlässt. „Wir wollten ein System entwickeln, das die hohe Arbeitsbelastung bewältigen kann und trotzdem auf ein kompaktes Boot passt“, sagt van Bladel. Das H2C Boat verfügt über eine Batteriekapazität von 40 kWh und eine zusätzliche Wasserstoff-Kapazität von 51 kWh. Die an Bord befindliche Brennstoffzelle gewinnt aus dem Wasserstoff elektrische Energie, die an die Batterie und den Elektromotor geliefert wird, welcher das Boot antreibt. Die Brennstoffzelle dient als Reichweitenverlängerer und ermöglicht es dem RIB, mindestens fünf Stunden lang auf dem Wasser zu bleiben.
Aus der Ferne ähnelt das H2C Boat anderen Trainerbooten. Bei näherer Betrachtung fällt jedoch die hinter dem Steuersitz positionierte Brennstoffzelle auf, die dem Boot ein muskulöses Aussehen verleiht. „Das H2C Boat ist etwas schwerer und einen Meter länger als herkömmliche Trainerboote“, erklärt van Bladel. „So haben wir eine sichere Manövrierfähigkeit unter allen Bedingungen sichergestellt.“
Der Trainer der niederländischen Olympiamannschaft, Jaap Zielhuis, hatte 2018 die Idee für ein emissionsfreies Trainerboot; fünf Jahre später begleitet das H2C die ersten Regatten.
Gemeinsam für eine elektrische, emissionsfreie Zukunft
Wirklich bahnbrechende Technologien werden selten von einer einzigen Organisation entwickelt. 2018 gründete das Sailing Innovation Centre in Den Haag/Scheveningen zusammen mit dem Watersportverbond ein Konsortium, das aus der TU Delft, spezialisierten Unternehmen wie Koedood, dem langjährigen Torqeedo-Partner De Stille Boot, den Brennstoffzellenspezialisten von Intelligent Energy und Hifly sowie der Habbeké-Werft besteht. „Wir sind stolz darauf, durch unsere Partnerschaft mit De Stille Boot Teil dieser hochqualifizierten Task-Force zu sein“, sagt Torqeedo CEO Fabian Bez. „Wir lieben es, mit anderen zusammenzuarbeiten, Ideen auszutauschen und voneinander zu lernen.“
Aus dieser Struktur heraus entstand H2 Marine Solutions. Zunächst führte eine theoretische Studie zur Entwicklung eines kleinen Brennstoffzellensystems, das mit Wassertanks funktioniert. Anschließend wurden eine Brennstoffzelle und ein Elektromotor in eine Standardschaluppe integriert. In dieser Phase hatte der Rumpf kein stromlinienförmiges Design, und der Wasserstoff wurde an Bord in kleinen Tanks gelagert, die sonst für Propangas verwendet werden. Dennoch zeigten Tests, dass das Wasserstoffsystem die Reichweite der Schaluppe verdreifachte. Im letzten und dritten Schritt wurde ein Boot entworfen und gebaut, das den schwierigen Bedingungen standhalten kann, denen die Trainerboote bei ihrer Arbeit zwischen Kopenhagen und Kapstadt ausgesetzt sind.
„Es war eine großartige Lernerfahrung“, sagt Marcel Schaap von De Stille Boot. Was war die wichtigste Lektion? „Zuallererst, dass die Idee funktioniert“, sagt er. „Unseres Wissens ist dies das weltweit erste RIB mit Brennstoffzellenantrieb.“ Die Ingenieure mussten das Gewicht des Gesamtsystems reduzieren und Stoßdämpfer sowie spezielle Filter einbauen - Brennstoffzellen benötigen saubere und trockene Luft, daher müssen Partikel und Verunreinigungen entfernt werden.
Ein neues Zeitalter bricht an: Das H2C-Boot ist nur eine von vielen Brennstoffzellenlösungen, die für Segler und den gesamten Marinesektor in Frage kommen.
Sport als Quelle der Innovation?
Der Segelsport hat einen neuen Kurs aufgenommen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Emissionen des bei World Sailing-Veranstaltungen verbrauchten Kraftstoffs fast 30 Prozent der gesamten CO2-Bilanz ausmachen. Deshalb strebt der Weltverband des Segelsports an, die Zahl der mit fossilen Brennstoffen betriebenen Boote bis 2025 drastisch zu reduzieren und bis 2030 bei großen Regatten ausschließlich emissionsfreie Trainerboote zuzulassen. Auch die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris werden mit dem Ziel geplant, klimaneutral zu sein. Die außergewöhnlichen Leistungen, die im Leistungssport erbracht werden, können als Inspiration dienen: Kann der Sport die Grenzen der Regeln und Spielfelder überschreiten und den gesellschaftlichen Mainstream vorantreiben?
Die Brennstoffzellentechnologie für den maritimen Sektor ist noch nicht vollständig ausgereift. „Wir müssen die Kosten senken und eine Wasserstoffinfrastruktur aufbauen“, betont Cees van Bladel. Als erste Anwendungsfälle für wasserstoffbetriebene RIBs sieht er Patrouillen- und Arbeitsboote in Häfen, da die Wasserstoffversorgung in dieser industriellen Umgebung zuverlässig sichergestellt werden kann. Ein beispielhaftes Projekt ist das niederländische Projekt Zephyr, das die technische Machbarkeit einer grünen Wasserstoffkette im maritimen Sektor demonstrieren soll. Dieses Projekt umfasst den gesamten Prozess, von der Erzeugung des grünen Stroms bis hin zum Verbrauch auf Schiffen, mit dem Endziel null Emissionen. Die Entwicklung des H2C-Boots war ebenfalls Teil des Zephyr-Projekts. „Das RIB kann einfach an einer H2-Tankstelle auf dem Trailer aufgetankt werden“, erklärt van Bladel. „Das ist ein großer Vorteil, allerdings ist das nicht bei allen Booten umsetzbar.“
Das H2C kann seine Wasserstofftanks an einer der H2-tauglichen Tankstellen in den Niederlanden aufladen.
Das kompakte und robuste Sechs-Meter-Boot ist ein gutes Beispiel für den aktuellen Stand der Forschung. „Es ist offensichtlich, dass wir für den Übergang in ein kohlenstoffarmes Zeitalter unterschiedliche Technologien benötigen, die auf spezifische Anwendungen zugeschnitten sind“, sagt Torqeedo-CEO Fabian Bez. Dazu gehören leistungsstarke Batterien, die durch erneuerbare Energien, Solarenergie an Bord und Hydrogeneration aufgeladen werden können, sowie Brennstoffzellen oder Generatoren, die mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werden, um eine größere Reichweite zu ermöglichen. Aus diesem Grund hat Torqeedo seine elektrischen Antriebssysteme modular und flexibel gestaltet.
"Man kann jederzeit neue Energiespeicher in den elektrischen Antriebsstrang und das Energiemanagementsystem der Boote integrieren. Sobald eine neue Technologie marktreif ist, ist unser System bereits darauf vorbereitet, sie zu integrieren.”
Fabian Bez, CEO Torqeedo
Die Weltmeisterschaften in Den Haag sind also noch lange nicht der Höhepunkt der Reise, sondern ein Sprungbrett für die nächste Herausforderung. So, wie es in der Natur eines jeden Wettbewerbs liegt, bei dem alles auf dem Spiel steht.
Mehr Information:
Hochauflösende Fotos finden Sie in der: › Torqeedo Dropbox
Mehr Informationen über H2 Marine Solutions: › H2 Marine Solutions
Mehr Informationen über die niederländische Segelorganisation Watersportverbond: › Watersportverbond
Den Hauptkatalog 2023 finden Sie hier: › Katalog 2023
Umweltfreundliches Coach Boot bei den Weltmeisterschaften im Segeln 2023
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